Der vermittelnde Unterricht stellt die Ausgangslage für das Projekt dar. Hier werden nicht nur die Wissensgrundlagen und Konzepte vermittelt, sondern auch das Projekt eingeführt und alle Parameter der Durchführung diskutiert und geklärt.
Je nachdem, wie viel Unterrichtszeit die Schüler*innen für die Arbeit an ihren Projekten erhalten, muss ein beachtlicher Teil der bisherigen Inhalte gestrichen werden. Dies kann zu schmerzlichen Entscheidungen führen. Hier sollte man gut überlegen, welche Inhalte die Schülerinnen wirklich für die Durchführung des Projektes benötigen. Die zu vermittelnden Inhalte sollten als Hilfestellungen angesehen, die auf einen erfolgreichen Abschluss des Projektes hinzielen. Jede Hilfestellung sollte die Schüler*innen dabei unterstützen, die Qualität ihrer Produkte zu erhöhen.
Zudem kann man überlegen, ob wirklich alle Schüler*innen von einem Input profitieren. Es ist durchaus sinnvoll, inhaltliche oder methodische Workshops anzubieten, die freiwillig besucht werden.
- Überblick und Hintergrundwissen
- Konzepte und Begriffe
- Freiwillige Workshops
- Methoden im Unterricht üben
- Modelle im Unterricht besprechen
Überblick und Hintergrundwissen
Der vermittelnde Unterricht, sollte das neue Thema einführen und im Besten Falle einen Überblick geben, ohne dabei aber allzu sehr in die Tiefe zu gehen. Ein Ansatz, um Inhalte zu streichen, wären verschiedene Beispiele, die ein Thema umreissen oder vertiefen. Besser wäre es den Schüler*innen die Möglichkeiten eines Themas aufzuzeigen. Die Schüler*innen sollen sich an der Basis des Themas auskennen, aber den Freiraum erhalten, selbst ein Vertiefungsthema zu wählen.
Im Geschichtsunterricht beginne ich das Thema «Russische Revolution» mit einem klassischen Lehrpersonenvortrag, bei dem ich ein komplexes Tafelbild zum Ablauf der Revolution erstelle. Die Schüler*innen erstellen ihre eigene Version auf Papier. Ab diesem Zeitpunkt nutzen wir diese Darstellung als Karte für das gesamte Projekt.
Während der Projektzeit nehme ich einzelne Themenbereiche wieder auf und vertiefe sie mit Sachtexten oder anhand von Quellen. Ich ergänze aber nur so viel, dass die Schüler*innen eine Vorstellung der Problematik des jeweiligen Themenbereichs bekommen.
Bei der Themenfindung kann die Darstellung dann zusätzlich genutzt werden, um sich im Thema zu orientieren und herauszufinden, was individuelle Schüler*innen besonders am Thema interessiert, und wie sich daraus ein Projektthema entwickeln liesse.
Konzepte und Begriffe
Zusätzlich zum Hintergrundwissen, muss man auch überlegen, welche Konzepte oder Begriffe, die Schüler*innen verstehen müssen, um kompetent mit dem Thema umzugehen. Dazu müssen die Schüler*innen einen Fachwortschatz aufbauen und sinnvoll einsetzen können. Eine präzise Wortwahl und ein Verständnis der Fachsprache ist dafür unabdingbar. Hierzu könnte sich ein Glossar eignen. Dieses könnte auch von den Schüler*innen im Verlauf des Projekts erstellt werden.
Auch Konzepte, die exemplarisch am Thema aufgezeigt werden, können mit der Klasse im vermittelnden Unterricht thematisiert werden. Für das Projekt der Russischen Revolution habe ich mich z.B. eingehend mit dem Marxismus auseinandergesetzt und in mehreren Stunden das Thema von verschiedenen Seiten ausgeleuchtet. Dies hilft den Schüler*innen, die Ereignisse der Russischen Revolution auch ideologisch einzuordnen und Voraussagen zu machen, was mit Russland passieren wird, wenn die Bolschewiken die Macht übernehmen.
Freiwillige Workshops
In einer Projektarbeit, in der die Schüler*innen frei ein Thema entwickeln und dies in einem Produkt festhalten, werden nicht immer alle Schüler*innen die gleichen Bedürfnisse haben. Dies zeigt sich in den individuellen Gesprächen, die man als Lehrperson während der Durchführung des Projektes mit den Schüler*innen führt.
Einzelne Lernende benötigen zusätzliches technisches Knowhow, wenn sie z.B. ein Erklärvideo erstellen. Oder sie brauchen stilistische Hilfe, um ihre Texte zu polieren und zu strukturieren. Andere wiederum brauchen methodische Unterstützung, z.B. bei der Formulierung einer These. Oftmals aber haben mehrere Schüler*innen ähnliche Probleme.
Eine Möglichkeit, dieses Problem zu anzugehen, besteht darin, bestimmte Inhalte in Form von Kurzworkshops anzubieten, die freiwillig gewählt werden. Ein Beispiel wäre: «Wie schreibe ich eine gute Hook bei einem Englischaufsatz?» oder «Wie erstelle ich eine Quellenanalyse zu einer Karikatur?». Die Ressourcen zum Thema gebe ich der ganzen Klasse frei. Sie können aber selbst wählen, ob sie von mir eine Einführung wollen, oder sich selbst informieren und die Hook selbständig in ihren Text integrieren. Oder ich gehe die Schritte einer Quellenanalyse nochmals mit einer Gruppe von Schüler*innen durch.
Methoden im Unterricht üben
Wenn die Methoden erst einmal in einer Anleitung festgehalten worden sind, sollen sie nun idealerweise mit den Schüler*innen im Unterricht geübt werden. Dies ist für die Schüler*innen besonders wichtig, wenn sie sich zum ersten Mal mit einer Methode auseinandersetzen. Auch wenn die Anleitung noch so detailreich ausgearbeitet ist, reicht blosses Wissen nicht aus, um sie erfolgreich und mit einer hohen Qualität umzusetzen.
Hier lohnt es sich auch, die Methoden in mehrere Schritte zu unterteilen und diese einzeln zu üben. So kann das Schreiben eines Essays z.B. in verschiedene Schritte unterteilt werden (Einleitung, Hauptteil, Schlussteil etc.) oder es können stilistische Hilfsmittel als Unterstützung angeboten werden
Modelle im Unterricht besprechen
Ein anderer Weg, sich den Schritten einer Methode oder der Qualität eines Produktes anzunähern ist es, Modelle von gelungenen, aber auch unzureichenden Projekten mit der Klasse zu besprechen und zu thematisieren. Wie eingangs erwähnt eignen sich hierfür Schüler*innenarbeiten am besten aber auch andere Beispiele können beigezogen werden. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, diese mit der Klasse zu besprechen. Dies hängt auch stark von der Zeit ab, die man zur Verfügung hat.
Man kann Modelle einfach an den Projektauftrag anhängen, die Schüler*innen darauf aufmerksam zu machen und sie die Modelle selbst anschauen zu lassen. Dies spart sicher viel Zeit, hinterlässt bei den Schüler*innen aber auch Fragezeichen.
Meine Geschichtsklasse hat nach einem ersten Projekt explizit gewünscht, die Modelle in der Klasse zu besprechen. Dabei bin ich folgendermassen vorgegangen:
- Ich habe ihnen zwei Produkte aus einer anderen Klasse zur Verfügung gestellt. Ich habe diese anfangs nicht gewertet, also auch nicht gesagt, welche Arbeit ich besser finde.
- Hier wäre nun auch ein guter Moment, um die Qualitätskriterien (nochmals) einzuführen und ihnen aufzuzeigen, wo für mich mögliche Qualitäten einer Arbeit liegen. Dieser Schritt kann aber auch weggelassen werden, um die Schüler*innen noch nicht zu fest in eine Richtung zu lenken.
- Die Schüler*innen bekommen nun Zeit, die beiden Arbeiten zu lesen und sich in einem ersten Anlauf auf die Qualitäten konzentrieren. Was scheint ihnen gut gelungen? Welche Aspekte helfen ihnen, den Inhalt zu verstehen? Welche formellen Kriterien wurden besonders gut oder eben nicht gemacht?
- Danach kann in der Klasse diskutiert und gesammelt werden. Es kann einerseits auf meine Qualitätskriterien Bezug genommen werden oder auch frei Kriterien erstellt werden, die den Schüler*innen wichtig erscheinen.
- Auf diesem Weg könnten auch mit der Klasse zusammen Qualitätskriterien für das anstehende Projekt erstellt werden.
So bekommen die Schüler nicht nur eine Ahnung, wie das fertige Produkt aussehen kann, sondern sie können auch direkt in die Erstellung der Qualitätskriterien mit einbezogen werden.
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© Lukas Pfeifer, 2025