Die Schüler*innen sollen die Möglichkeit erhalten, ihren Lernfortschritt zu überprüfen, das weitere Vorgehen zu planen, aber auch die Qualität ihrer eigenen Arbeit einschätzen zu lernen. Dies verlangt ihnen einige konkrete Fähigkeiten ab, die sie erst entwickeln müssen und bei denen viele Schüler*innen unsere Unterstützung benötigen.
Hier werden einige Wege beschrieben, wie ein Rahmen geschaffen werden kann, in dem die Schüler*innen lernen, ihren Lernprozess besser zu steuern, aber auch Bedürfnisse für ihre Arbeit zu erkennen.
Bei der schrittweisen Anleitung dieses Selbstregulierungsprozesses ist es aber immer das Ziel, dass man die Stützen und Hilfsmittel mit der Zeit entfernt. Es ist einerseits wichtig, ihnen verschiedene Strukturen beizubringen. Sie müssen aber in letzter Hinsicht befähigt werden, Wege und Techniken zu wählen, die für sie auch wirklich zielbringend sind.
Stundenziele
Wenn die Schüler*innen an einem Projekt arbeiten, für das sie auch Zeit in den Stunden zur Verfügung bekommen, gibt es Momente, in denen sie gar nichts machen. Einige haben auch zurückgemeldet, dass sie lieber zuhause arbeiten, weil sie sich in der Schule nicht wirklich konzentrieren können und Mühe haben, mit der Arbeit zu beginnen. Dies ist nachvollziehbar, aber auch ineffizient, da wertvolle Zeit ungenutzt bleibt.
Ein Weg, die Schüler*innen bei der Planung ihres Projektes zu unterstützen, besteht darin, sie Ziele für die jeweiligen Stunden formulieren zu lassen. Dies kann sehr einfach mit einem geteilten Dokument (z.B. eine Exceltabelle) aufgesetzt werden. Jede Schüler*in soll hier vermerken, was sie sich in der Stunde als konkretes Ziel vornimmt und am Schluss der Stunde ein Häkchen setzen, wenn dieses Ziel erreicht wurde. Oder sie schreiben eine Bemerkung, falls es nicht erreicht wurde. Dann kann ich auch nachfragen, warum etwas nicht funktioniert hat und zusätzliche Unterstützung bieten. Zusätzlich sehen die Schüler*innen bei einem geteilten Dokument auch, was die anderen Schüler*innen in der Stunde geplant haben und kommen so auf neue Ideen.
Hier kann man sie auch darauf hinweisen, dass es viele kleine Teilaufgaben gibt, die man in einer Lektion erledigen kann und die einem die Arbeit zuhause erleichtern können:
- Sie führen eine ausgedehnte Recherche zum Thema, in der Links gesammelt und kategorisiert werden.
- Sie können versuchen, eine These auszuformulieren und mögliche Argumente suchen, mit der sie sie unterstützen können.
- Oder sie erstellen ein Mindmap oder eine Concept Map zu ihrem Thema.
Ziel ist es einerseits, dass die Schüler*innen die Zeit in den Stunden zielbringend nützen, aber auch, dass sie neue Wege entdecken, wie sie den Berg an Arbeit, der für ein Projekt entsteht, in kleinere, machbare Schritte unterteilen.
Reflexion
Ein wichtiger Teil der Projektarbeit ist die kritische Auseinandersetzung der Schüler*innen mit der eigenen Arbeit. Diese Reflexion soll sich einerseits auf den Arbeitsprozess beziehen aber auch auf die inhaltlichen Lernziele.
Es gibt verschiedene Wege, wie eine Reflexion strukturiert oder gestaltet werden kann. Ich habe für meine Schüler*innen eine Anleitung erstellt, die sich auf drei Bereiche bezieht.
- Einerseits sollen sie überlegen, was sie über den Lerngegenstand gelernt haben.
- Dann reflektieren sie das eigene Lernen.
- Schliesslich überlegen sie sich, was sie sich für ein nächstes Projekt mitnehmen wollen.
Meine Anleitung ist mit Fragen versehen, die die Schüler*innen in die richtige Richtung lenken sollen. Es ist aber auch wichtig ihnen mitzuteilen, dass die Fragen lediglich zur Anleitung und Orientierung dienen und nicht einzeln abgearbeitet werden müssen. Es müssen auch nicht alle Fragen berücksichtigt werden.
Wenn man regelmässig mit Reflexionen arbeitet, kann der Umfang auch reduziert, oder der Fokus nur auf einzelne Bereiche der Arbeit gelegt werden. So könnte z.B. bei einer Arbeit der Fokus nur auf das Zeitmanagement gelegt werden. Dies kann helfen, dass die Schüler*innen bei der Reflexion nicht überfordert werden und lange zusätzliche Texte schreiben, die alles Mögliche abdecken.
Lernjournale
Ein weiterer Weg, wie Schüler*innen ihr eigenes Lernen reflektieren können, besteht darin, sie in regelmässigen Abständen ein Lernjournal ausfüllen zu lassen. Dort können sie einerseits festhalten, welche Aufgaben bereits angegangen werden konnten, welche Schritte ihnen Mühe bereiten oder ihnen leichtfallen. Sie können zudem reflektieren, welche Kompetenzen sie im Verlauf des Produkts erworben haben.
Das Lernjournal kann auch als Blick hinter die Kulissen des Projektes gesehen werden oder als Making-Of, das einen Einblick in die Gedankengänge und die einzelnen Schritte im Prozess erlaubt.
Es kann sinnvoll sein, jeweils in den Projektstunden am Ende einer Arbeitswoche eine fixe Journalzeit einzuplanen, in der sie Zeit bekommen, ihre Einträge zu machen. Wichtig ist sicher auch, die Journale für einen Dialog zu nutzen. Die Journale sollen also für die Lehrperson einsehbar sein und eine Möglichkeit bieten, Kommentare und Rückmeldungen zu hinterlassen.
Checklisten und Fragen
Ein weiteres sehr wertvolles Werkzeug für die Selbstreflexion sind die Qualitätskriterien in Frageform oder als Checkliste. Die Schüler*innen sollen regelmässig angehalten werden, diese zur Hand zu nehmen, um zu sehen, ob sie die Fragen bereits mit Ja beantworten können.
Eine Schüler*in hat mir erzählt, dass sie die Qualitätskriterien in Frageform als einzige Hilfestellung während dem Projekt nutzt. Sie meinte, dass sie so eigentlich gar nicht mehr mit dem eigentlichen Projektauftrag arbeite, sondern sich bei der Erstellung lediglich entlang der Checkliste durcharbeite und dies mit Erfolg.
Plus-Minus-Interesting
Eine weitere Methode zur Selbsteinschätzung (self-assessment) nennt sich Plus-Minus-Interesting und wird von Dylan Wiliam wiederholt empfohlen. Diese wird zur Selbsteinschätzung der Qualität ihres Produktes erst am Ende des Projektes eingesetzt. Die Schüler*innen schreiben entweder auf Zettel oder in einem kollaborativen Dokument drei Dinge zu ihrem Projekt auf:
Was ist ihnen am Projekt leichtgefallen?
Was hat ihnen Schwierigkeiten bereitet?
Was hat sie besonders am Thema oder am Projekt interessiert?
Dies kann wie gesagt in einem kollaborativen Setting geschehen, in dem die Schüler*innen ihre gegenseitigen Antworten sehen oder auch bei einer individuellen Einschätzung, die nur die Lehrperson sieht, z.B. über MS Forms.
Diese Methode ist auch im laufenden Unterricht gut einsetzbar und gibt der Lehrperson einen sehr schnellen Überblick über den Lernstand der ganzen Klasse. (Wiliam & Leahy 2015, S. 231)
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